Neu-Ulm. „Paul Kent – ein Name, der in der Friseurbranche international bekannt und anerkannt ist“, schreibt die Deutsche Friseurakademie. „Mit seinem patentierten Haarschnitt Natural Flow® revolutionierte er die Schnitttechnik. Er begeistert zudem Friseure weltweit. In seinen Kursen an der größten Deutschen Friseurakademie (dfa) lernen die Teilnehmer dort Schneiden ohne Stylen. Ein Interview mit Kent (PK):
Paul Kent: 75 Patente für den speziellen Schnitt Natural Flow®
dfa: Beim Blick auf deine Karriere fallen als erstes die 75 Patente für deinen speziellen Schnitt Natural Flow® auf. Das gab es in der Friseurbranche so noch nie. Wie stelle ich mir das vor, so viele verschiedene Schnitte patentieren zu lassen? Und wie vermittelst Du diese Technik als Top-Trainer an der Deutschen Friseurakademie?
PK: Das Patent erhielt ich, für meine ganz bestimmte Art zu schneiden. Erst hatte ich dafür keinen Namen. Inzwischen trägt diese Technik die Bezeichnung Natural Flow®. Das passt ziemlich gut, denn ich schneide dort mit dem Flow, dem natürlichen Fall der Haare. Stylen wird dadurch überflüssig. Diese Schneidetechnik kann ich in 75 Kategorien von Haarschnitten anwenden – mit einem super Resultat. Daher die Zahl 75, die irrtümlich auf die Patente bezogen wird. In meinen Kursen an der dfa zeige ich dazu die Grundtechnik.
dfa: Wie kamst du dazu, diese Schnitttechnik zu entwickeln?
PK: 2004 hatte eine Kundin von mir das Problem, dass sie ihre Ponyfrisur, die leicht schräg ins Gesicht fiel, nicht selbst stylen konnte. Das bereitete mir deshalb schlaflose Nächte. Es musste dazu einen einfachen Weg geben, um zu erreichen, dass die Haare genauso fallen, wie ich sie geschnitten hatte. Insgesamt dauerte es dann fünf Jahre, diese Technik zu entwickeln.
Paul Kent: Friseurbesuch als Initialzündung – „Ich war fasziniert, wie sie dort mit der Schere umgingen.“
dfa: War es schon immer dein Ziel, Friseur und Friseurtrainer zu sein?
PK: Absolut nicht! In meiner Heimat Griechenland habe ich Mechaniker gelernt. In unserem Ort gab es nur einen alten Barber, deshalb habe ich meine Haare selbst geschnitten. Weil ich zu schüchtern war, in einen Salon zu gehen, haben mich meine Freunde dazu „gezwungen“. Es war ein Salon mit 25 Mitarbeiterinnen. Ich war fasziniert, wie sie dort mit der Schere umgingen. Das war für mich „die Tür zum Himmel“. Ich war sofort in den Beruf Friseur verliebt. Am nächsten Tag gemeldete ich mich deshalb bei meiner Technikschule ab und bei einer Friseurschule an. Acht Monate später fing ich dort an. Ein Jahr lernten wir anschließend nur Schneiden, ein Jahr nur Theorie. Das war 2001. In Griechenland gab es weder Internet, also auch keine Lernvideos auf YouTube, kein Fachbuch. Ich strengte mein „Mechanikerhirn“ an. Mit dem Strickgarn meiner Mutter basteltete ich mir einen Friseurkopf und übte daran. Den nahm ich dann mit in die Schule und zeigte dort den Schnitt. Niemand konnte glauben, dass ich das geschnitten hatte. 15 Jahre später sah ich dann diesen Schnitt in Japan …
Paul Kent: London, Mailand und Korea als Zwischenstationen bis zum eigenen Salon mit Barbershop in 2013
dfa: Wie ging es nach der Ausbildung weiter? Wolltest du einen eigenen Salon?
PK: Nein, ich wollte kein Trainer sein, sondern für eine Top Marke arbeiten. So kam ich zu Tony and Guy in Griechenland. Ab 2004 war ich dann für diese Marke in London. Ein guter Schritt für meine Karriere. Aber ich merkte dort irgendwann: das passt jetzt nicht mehr. Ich muss raus aus der Box. Es folgten dadurch drei Jahre bei Vidal Sassoon in Mailand, bis mir auch diese Box zu eng wurde. Ich wollte den asiatischen Markt entdecken.
dfa: Das heißt…?
PK: Ich ging deshalb für drei Jahre nach Korea. Das war eine spannende Zeit. Das Mindset der Asiaten unterscheidet sich erheblich von unserem. Sie haben andere Werkzeuge und sind super gut in Trockenhaarschnitten. 2013 bin ich zurück nach Griechenland und beschloss, einen Salon mit Barbershop zu eröffnen.
Paul Kent: Entrepreneur aus Australien gab den Anstoß zur Patentierung von Natural Flow Cut
dfa: Hast du in dieser Zeit schon nach deinem Natural Flow Cut gearbeitet?
PK: Ja, aber den Namen und das Patent gab es noch nicht. Eines Tages hatte ich einen Kunden, der ziemlich störrige Haare hatte. Nach meinem Haarschnitt lagen die Haare perfekt. Er sagte deshalb zu mir: „You are the Greek guy, I think? Welche Produkte hast du verwendet, das ist unglaublich.“ Er hatte schon von mir gehört und stellte sich als Entrepreneur aus Australien vor. Er machte mir dann den Vorschlag, den Schnitt patentieren zu lassen. Das dauerte ein Jahr und kostete viel Geld. Anschließend präsentierten wir den Schnitt bei einer Tour durch Australien. Durch ihn bin ich deshalb bis heute auch Botschafter für WAHL Hair Clippers.
dfa: Wie kannst du überprüfen, ob jemand den Schnitt verwendet und das Patent missbraucht?
PK: Ich habe neben zwei Salons inzwischen auch zwei Akademien – in Athen und New York. Wer den Schnitt hier lernt, ist zertifiziert und darf damit auch werben. In den Kursen wie hier an der dfa lernen die Teilnehmer zunächst einmal die Schere richtig zu halten. Sonst geht es gar nicht. Sie bekommen zudem einen Einblick, wie das Prinzip funktioniert.
Paul Kent: „Schneiden als Basistechnik wird, aus meiner Sicht, nicht gut vermittelt“ – Kurse an der Deutschen Friseurakademie geben dazu Grundlagen
dfa: Aber Schneiden ist doch ein Basic der Ausbildung…?
PK: Diese Basistechnik wird, aus meiner Sicht, nicht gut vermittelt. Wenn Friseur:innen die Schere so halten, wie es gelehrt wird, schränken sie sich selber ein. In der richtigen Art erzielt man bessere Ergebnisse, vor allem beim Natural Flow. Es geht darum, so zu schneiden, wie die Haare wachsen. Das muss man sich auch ein bisschen selbst erarbeiten. Die Grundlagen dafür vermittele ich in meinen Kursen an der Deutschen Friseurakademie. Für mich ist die Akademie eine perfekte Plattform um Teilnehmer:innen der Kurse zu motivieren, Neues zu wagen, sich weiterzuentwickeln.
Paul Kent: Motorradrennen fahren und den Traum von einer Farm verwirklichen als aktuelle Ziele
dfa: Du hast in deinem Leben schon viel erreicht, gehörst zu den international renommiertesten Friseuren. Was kommt noch?
PK: Ich bin jetzt 45 Jahre alt und möchte einfach mal andere Dinge tun. Für die nächsten zwei Jahre habe ich deshalb schon einen Plan.
dfa: Und der wäre?
PK: Motorradrennen fahren und meinen Traum von einer Farm verwirklichen. Eine Farm speziell für alte und kranke Katzen. Das wär’s!
dfa: So zielstrebig wie du bist, wirst du das bestimmt umsetzen. Danke, dass du dir Zeit für das Gespräch genommen hast.
[Text/Bild: Deutsche Friseurakademie]