
Berlin. Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel sieht der Handelsverband Deutschland (HDE). Gemeinsam mit der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG) und der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert er deshalb in einem Positionspapier die konsequente Durchsetzung europäischer Standards bei Produktsicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz auch gegenüber Plattformen und Handelsunternehmen aus Drittstaaten. Der HDE: „Angesichts der anhaltenden Paketflut aus Drittstaaten fordern, In einem gemeinsamen Positionspapier machen die drei Verbände auf die aktuellen Wettbewerbsverzerrungen, Gefährdungen für die Verbraucher sowie massenhafte Zollverstöße aufmerksam. Sie stellen zudem notwendige kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für die Abstellung der Missstände vor.“
Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel: Produktsicherheitsstandards, Verbraucherschutz- und Zollbestimmungen werden systematisch verletzt
Im Jahr 2024 wurden vier Milliarden Pakete aus Drittstaaten direkt an Verbraucher im EU-Binnenmarkt verschickt. Dabei werden Produktsicherheitsstandards, Verbraucherschutz- und Zollbestimmungen systematisch verletzt. HDE, DSTG und vzbv mahnen daher auf nationaler und europäischer Ebene zu einem konsequenten Eingreifen gegenüber Marktteilnehmern aus Drittstaaten, darunter wachsende Plattformen wie Temu und Shein. Positiv bewerten die drei Verbände, dass die Europäische Kommission ihre Möglichkeiten im Rahmen des Digital Services Act (DSA) nutzt. Allerdings müssten laufende Verfahren gründlich und zugleich zügig vorangebracht werden.
Das gemeinsame Positionspapier von HDE, DSTG und vzbv enthält dazu kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen für die Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen für alle Marktteilnehmer.
Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel: Die kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen zur Wiederherstellung gleicher Wettbewerbsbedingungen
Kurzfristig sollte die EU strengere Anforderungen an die gesetzlichen Vertreter der Online-Marktplätze einführen. Auf Bundesebene fordern die Verbände deshalb die Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro. Auf Länderebene geht es zudem darum, die Marktüberwachungsbehörden zu stärken und besser digital auszustatten.
Mittelfristig muss die im Rahmen der Reform des EU-Zollkodex vorgesehene Einführung des fiktiven Einführers kommen. Das bedeutet, dass digitale Plattformen und Handelsunternehmen aus Drittstaaten zu sogenannten fiktiven Einführern erklärt werden. Diese verantworten dann für alle Zoll- und Steuerformalitäten sowie Zahlungen. Darüber hinaus fordern die Verbände eine verpflichtende Nutzung des Import-One-Stop-Shop bei der Einfuhrumsatzsteuer. Es bedarf zudem umfangreicherer Mitwirkungspflichten seitens der Anbieter und besserer Kontrollmöglichkeiten seitens der Behörden. Das Ziel dabei, den Markt zu regulieren. Die Verbände fordern zudem mittelfristig den Zoll europaweit und damit auch in Deutschland zu stärken.
Langfristig sehen HDE, DSTG und vzbv in einer beschleunigten Reform des EU-Zollkodex eine zentrale Maßnahme zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs mit Marktteilnehmern aus Drittstaaten. Das wäre damit eine entscheidende Stellschraube, um den wachsenden Herausforderungen des internationalen Handels wirksam begegnen zu können.
Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel: Massenhafte Gesetzesverstöße von Temu & Co bedrohen den Einzelhandel in seiner Existenz
„Zoll- und Steuergesetze und unsere hohen Standards bei Produktsicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz zu umgehen, darf auf nationaler und europäischer Ebene nicht länger geduldet werden. Online-Anbieter wie Temu und Shein führen dort den fairen Wettbewerb ad absurdum. Diese rücksichtslosen Geschäftsmodelle gehen dabei auf Kosten der Handelsunternehmen im gesamten EU-Binnenmarkt. Hier ist konsequentes Handeln gefragt. Wer hierzulande Waren anbietet, muss sich auch an die in der EU geltenden Regeln halten. Die Politik darf nicht länger zuschauen, wie der hiesige Einzelhandel durch massenhafte Gesetzesverstöße von Temu & Co in seiner Existenz bedroht wird“, so HDE-Präsident Alexander von Preen.
Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel: Bessere Gesetze, entsprechende Arbeitskräfte und Ausstattung als Forderung
„Es ist nicht alltäglich, dass Vertreter des Handels, der Finanzverwaltung und des Verbraucherschutzes gemeinsame Forderungen erstellen. Aber wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie Plattformen wie Temu mit illegalen Mitteln den Markt dominieren und unsere Werte gefährden. Es ist höchste Zeit, dass hierbei die Politik hart durchgreift und für gleiche Spielregeln sorgt. Und das zum Schutz der Verbraucher und der Zukunft unseres Marktes! Es braucht dafür bessere Gesetze, entsprechende Arbeitskräfte und Ausstattung“, so DSTG- Bundesvorsitzender Florian Köbler.
Wettbewerbsverzerrungen beim Online-Handel: Klare Regeln für Verbraucher müssen eingehalten und durchgesetzt werden
„Verbraucherinnen und Verbraucher erwarten, dass Produkte, die sie über Online-Marktplätze kaufen, sicher sind. Und das ist auch ihr gutes Recht. Es darf nicht passieren, dass Feuermelder kein Feuer melden oder Kinder einen Stromschlag von ihrem Nachtlicht bekommen. Außerdem treten immer wieder verbraucherrechtliche Probleme auf, etwa weil Händler das Widerrufsrecht ignorieren. Es gibt klare Regeln, die eingehalten werden müssen. Und diese Regeln müssen auch konsequent durchgesetzt werden. Regelungslücken müssen schnellstmöglich geschlossen werden, um Verbraucherinnen und Verbraucher beim Online-Shopping besser zu schützen“, sagt Jutta Gurkmann, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik im vzbv.
Mit ihrem gemeinsamen Positionspapier wandten sich HDE, DSTG und vzbv an Bundeskanzler Olaf Scholz, das Bundesministerium der Finanzen sowie an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Hinzukamen außerdem die Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen sowie die Linke.
Zum Positionspapier: www.einzelhandel.de/plattformposition
[Text/Bild: HDE]