Darmstadt. Haare für die Gewässerreinigung. Abgeschnittene Haare, wie sie beim Friseur massenhaft anfallen, sind zu schade für den Müll. Mit den Haarresten können z. B. Öle, Fette und Benzin aus Gewässern entfernt werden. Sie reinigen dadurch Meere, Seen und Flüsse. Haare besitzen dafür die besondere Eigenschaft, viel Fett aufzusaugen und diese Funktion auch nach dem Schneiden nicht zu verlieren. Daher eignen sie sich hervorragend als natürliches Reinigungsmittel. Ein Kilogramm Haar kann bis zu acht Kilogramm Öl aus dem Wasser filtern.
Haare für die Gewässerreinigung: Schwefelhaltiges Cystein, das sich über eine Schwefelbrücke mit dem Cystein des Nachhaarbarstrang verbindet, ergibt eine stabile Struktur
Haare haben dafür tatsächlich sehr nützliche Eigenschaften. Sie gelten als lipophil (fettfreundlich). Das liegt an ihrer Struktur. Sie sind schließlich nicht glatt, wie es den Anschein hat. Sie bestehen vielmehr aus Hornschuppen. Diese erinnern dabei optisch an einen Tannenzapfen. Und diese Struktur sorgt dafür, dass Fett besonders gut daran haftet. Haare bestehen zudem aus Aminosäuren. Diese sind in kettenförmigen Molekülsträngen angeordnet. Diese Proteinketten enthalten dort relativ viele Bausteine des schwefelhaltigen Cystein, das sich über eine Schwefelbrücke mit dem Cystein des Nachbarstrangs verbindet. Es entsteht dadurch eine dreidimensionale, sehr stabile, vernetzte Struktur, die dem Haar eine hohe Stabilität verleiht.
Haare für die Gewässerreinigung: Tonnen an Haarresten aus den Friseursalons in Deutschland wandern noch in die Mülltonne
Bisher werden jährlich Tonnen an Haarresten von den etwa 83.000 Friseursalons in Deutschland im Restmüll entsorgt. Schließlich eignen sich nur wenige Haare für Perücken. Mittlerweile sammeln etliche Friseursalons in Frankreich, Deutschland, Österreich, den Niederlanden, der Schweiz, Luxemburg und England die anfallenden Haarreste. Ihr dabei: deren Nutzung als natürliche „Haarfilter“ zu ermöglichen.
Haare für die Gewässerreinigung: „Haarabfall“ kommt in alte Nylonstrümpfe als Wasserfilter
Die ursprüngliche Idee für den Einsatz von Haarresten geht auf den Verein „Coiffeure Justes“ (faire Friseure) aus Südfrankreich zurück. Dort wird der „Haarabfall“ in alte Nylonstrümpfe gestopft, die zu Rollen gebunden werden. Anschließend kommen sie als Filter in verschmutzten Gewässern zum Einsatz. Der Haarfilter zieht dabei das Öl aus dem Wasser, wird anschließend gereinigt. Er ist zudem bis zu achtmal wiederverwendbar. Für ihr Engagement bei der Haarsammlung zur Gewässerreinigung erhalten die mitwirkenden Friseure dabei keine Vergütung.
Haare für die Gewässerreinigung: Gruppe „Hair Help the Oceans“ startete Haarsammlung in Deutschland
Mittlerweile etablierte sich in Deutschland die Gruppe mit dem internationalen Namen „Hair Help the Oceans“. Sie sieht ebenfalls großes, noch nicht ausgeschöpftes Potenzial für die Idee der Haarfilter. Denn: Kundinnen und Kunden in Friseursalons lassen für den Meeresschutz ihr Haar sicher gerne fallen, anstatt es im Restmüll entsorgt, zu sehen.
[Text/Bild: haut.de]