90 Jahre blau-weiß – Bei NIVEA wird 1925 eine Design-Ikone geboren

„Wir können den Wind nicht ändern, aber wir können die Segel richtig setzen.“ Dieses Zitat vom griechischen Philosophen Aristoteles war wohl auch Juan Gregorio Clausen bekannt. Der ehemalige Werbeleiter von Beiersdorf hatte in seinem früheren Job als Fregattenkapitän schließlich einige Erfahrungen im Umgang mit stürmischen Bedingungen sammeln können. Als Clausen 1920 bei Beiersdorf „anheuerte“, war die deutsche Gesellschaft von tiefgreifenden Nachkriegserschütterungen geprägt: Hungersnöte, Arbeitslosigkeit und Hyperinflation prägten die Lebensbedingungen bis 1923. Die Menschen kauften daher nur die notwendigsten Produkte. NIVEA Creme gehörte noch nicht dazu.

NIVEA: Ein neuer Zeitgeist fordert Veränderungen im Design

Mitte der zwanziger Jahre ging es im damaligen Deutschen Reich wieder aufwärts. Die Hyperinflation wurde gestoppt, Hungersnöte erfolgreich bekämpft und Arbeitsplätze geschaffen: die Hochkonjunkturperiode der „Goldenen Zwanziger“ hatte 1924 begonnen. Clausen erkannte, dass es zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen gekommen war. „Jugend“ und „Freizeit“ wurden zu Modewörtern der Zeit und die im Freien gebräunte Haut war das neue Schönheitssymbol der Weimarer Republik. Das am Jugendstil der Jahrhundertwende orientierte Design der Cremedose wurde als unmodern wahrgenommen und insbesondere von Verbraucherinnen zunehmend abgelehnt. Denn: die „neue Frau“ war freier und selbstbewusster als zur Zeit des Deutschen Kaiserreiches.

NIVEA: Beim neuen Design wird aus grün-gelb wird blau

Wahrscheinlich von Meer und Wolken inspiriert, erschuf Juan Gregorio Clausen mit der Farbänderung der Cremedose 1925 eine Designikone. Passend zum avantgardistischen Bauhausstil der Weimarer Republik, der durch sachliche und funktionale Darstellungen geprägt war, verzichtete Clausen auf verspielte Verzierungen oder sonstige optische Blickfänger und rückte einzig Marke und Produktnamen in den Mittelpunkt. Der Leiter der Werbeabteilung war in der Farbwahl kein großes Risiko eingegangen, da mit der Zahnpasta PEBECO bereits ab 1905, der bis dato erfolgreichste Artikel von Beiersdorf, die gleiche Farbkombination aufwies. Zudem gab es auch innerhalb der Marke NIVEA schon blau-weiß designte Produkte wie NIVEA Seife, NIVEA Teint-Puder oder NIVEA Rasierseife. Die Farbkombination war daher nicht neu, aber in Verbindung mit der sachlichen Darstellung eine wegweisende Designentwicklung, deren nachfolgender Erfolg die Marke NIVEA davor bewahrte, in PEBECO umbenannt zu werden.

NIVEA: kreative Werbekampagnen verhelfen zum Durchbruch

Der Erfolg des neuen Designs ist aber auch kreativen Werbekampagnen zu verdanken. Mit den „NIVEA-Jungens“ hatte sich Clausen eine Kampagne überlegt. Diese wurde zunächst 1923 in der lokalen Zeitungslandschaft um Hamburg getestet und dann ab Februar 1924 deutschlandweit geschaltet. Das Neue an der Kampagne war die Leichtigkeit und Freude in der Darstellung der drei jungen Berliner Brüder. Hier wirkte nichts künstlich oder stilistisch überfrachtet. Damit passte die Werbekampagne zum neuen und frischen Design der Cremedose. 1925 wurde dann mit den „NIVEA-Jungens“ folgerichtig auch die Creme beworben, nachdem sie ursprünglich nur die Seife anpriesen. Die Marke NIVEA entwickelte durch die einheitliche Sprache von Produkt und Werbung ein frisches Image. Familiäre Beziehungen standen im Mittelpunkt, aber auch Natürlichkeit und Freude.

NIVEA Creme wurde damit, vierzehn Jahre nach Verkaufsstart, zum erfolgreichen Markenartikel. Clausen wurde mit diesen wegweisenden Entscheidungen zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten der Beiersdorf-Geschichte und bewies damit, wie frühe Werbung, die sich gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anpasste, zu phänomenalen Erfolgen führen konnte.

[Text/Foto: Beiersdorf]